
#orangedays:
Diese ewige Frage nach der Wut auf die Täter*innen langweilt und nervt mich manchmal. Die Vorstellung, dass ein Gewaltopfer aufhört, ein Opfer zu sein und stattdessen in den Status der/des Überlebenden emporsteigt, wenn es nur endlich wütend auf den/die Täter*innen werden kann, finde ich ekelhaft bequem.
Zu spüren und zu wissen, dass die Gewalt, der man ausgesetzt war, Unrecht war, dass der/die Täter*in damit Macht ausgeübt und missbraucht hat- dies ist sicher eine wichtige Erkenntnis.
Nur: Worauf trifft sie? Was folgt ihr? Entsteht aus dem erkannten Unrecht eine Wut- oder andersherum?
Worauf bin ich konkret wütend? Auf den/die Täter*in als gewaltausübende Person*en; oder ist die Wut eine lebenserhaltende, logische innere Maßnahme nach Erfahrungen von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein- sozusagen eine Ab- oder Erlösung nach der Starre?
Letztlich finde ich die Person des Täters/ der Täterin völlig uninteressant. Wut, Rachegedanken, Hass auf sie/ihn fühlen sich für mich wie Verschwendungen wertvoller Lebensenergie an.
Was mich heute wirklich auf die Palme bringt- und womit ich in der Folge auch aktiv arbeite- sind die Umstände “danach“: Die erneuten Erfahrungen von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein, die wir und andere Gewaltbetroffene mach(t)en, z.B. bei der Suche nach Therapieplätzen, bei Ärzten/Ärztinnen, mit Ämtern, Behörden, Justiz, Politik, Gesellschaft…
Wut möchte transformiert werden, möchte Aktion und Andockpunkte, möchte gelebt werden. Im stillen Kämmerlein, mit sich alleine, verpufft die Wut vielleicht, statt sich heilsam weiterzuentwickeln.
Raum für die Wut der Opfer zu öffnen bedeutet, Forderungen, Bedarfe und Kritik anzuerkennen UND in eine Mit-Verantwortung zu gehen.
Die Realität, die viele Menschen mit Traumafolgen nach Gewalt kennen, sieht leider häufig anders aus.
Ich würde mir wünschen, dass sich der Fokus mehr auf die Betroffenen und ihre Bedürfnisse richtet und weniger auf die Täter*innen und ihre Motive.
Ein großes Herz für diese wahren Worte.
Helfer wechseln oft, zwischen „Du mußt wütend sein auf Täter“ und „Du mußt ihnen vergeben“ – was mich so oder so annervt und als solches für mich schon wieder übergrifflich ist.
Weshalb muß ich *irgendwas* mit Tätern tun, das andere Leute für gut oder wichtig halten?
Reicht es nicht, dass unsere Gesellschaft oft so täterorientiert ist? Ich selbst mag mich gerne an und nach MIR orientieren.
Oft gerade jene Menschen, die aber ihrerseits überhaupt nicht richtig zuhören.
Oft nicht wirklich verstehen, begreifen, mitfühlen wollen oder können.
Und deren Hilfe meist nur neues Müssen oder Sollen darstellt; neuer Druck und Zwang.
Oft begründet mit „dem System“ und „Erforderlichkeiten“, die am Ende dann eher mehr Leid und Schmerz verursachen, als zu HELFEN.
Danke.
Auch für euren Beitrag… Ja, ja und ja!!!
Danke ❤
Danke für das große Herz. Und wie gut, dass Du Dich an und nach Dir orientieren magst!
Danke ❤
Ja ja und ja!!!
🙂