Sie betritt das Zimmer nicht durch die Tür, sondern durch ihre Augen.
Langsam gleitet sie zwischen den Schulterblättern weiter nach oben, sammelt sich direkt hinter der Gesichtsmaske und drängt sich dann durch den engen Geburtskanal ihrer Sehnerven.
Das Zimmer ist ruhig und es riecht irgendwie wohlig. Sie sitzt auf einem weichen Teppich und über ihren Beinen ist eine leichte Decke ausgebreitet. Auf ihrem Schoß liegt ein Buch. Es ist grün und man erkennt einen Baum und eine Figur: „The Giving Tree“ lautet der Titel. Sie entspannt ihre Hände etwas mehr, als sie die ersten Seiten kurz anschaut. Englischer Text. Darin fühlt sie sich zu Hause.
Trotzdem flattert ihr Herz.
Ihr ist, als dürfte sie nicht da sein.
Als wäre sie in eine Tabuzone eingedrungen, einfach weil sie wie automatisch ihren Halt zwischen den Schulterblättern verloren hat. Sie weiß nicht, weshalb es sie nach außen geboren hat. Nun ist sie da und ihr Herz flattert die linke Halsseite hoch und runter.
An ihren Beinen bewegt sich etwas.
Ihr Blick schnellt vom grünen Buch zum Fußende und erst in diesem Moment erkennt sie die Katze.
Dieses kleine, kuschelige Fellwesen dreht sich auf den Rücken und streckt die Beine genussvoll von sich.
Während der Betrachtung dieser Bewegungen öffnet sich ihr Sichtfeld weiter: Lichtstreifen strahlen durch das Zimmer. Auf dem weichen Teppich ziehen sich zwei Sonnenfelder über Kreuz in die Länge. In einem der Felder räkelt sich die Katze. Im anderen erkennt sie einen dunklen Schatten. Da ist noch eine, eine zweite Katze.
Sie bemerkt erst, als das Buch an der Decke raschelt, dass ihre Hände zu zittern begonnen haben.
Ihr Herz flattert immer noch hektisch und befindet sich mittlerweile im Unterkiefer. „Perhaps it will jump out of my mouth“, denkt sie. Als sie sich selbst hört, werden ihre Hände wieder ruhiger.
Die Katzen schauen verschlafen und unaufgeregt in ihre Richtung.
Dann rollt sich die Eine zu einer Kugel zusammen und die Andere legt sich auf die Seite. Beide schnurren und schließen die Augen.
Sie schiebt das Buch beiseite. Dann lässt sie sich langsam flach auf den Teppich gleiten und zieht dabei die Decke bis zum Hals hinauf. Ein großer Teil ihres Körpers befindet sich nun gemeinsam mit der einen Katze in einem Sonnenfeld.
Ihr Herz flattert vom Unterkiefer durch den Hals in ihre Brust zurück.
Ihre Schulterblätter lassen ein bisschen lockerer. Sie spürt die Luft in ihrer Mitte ein- und ausströmen.
In zwei Lichtstreifen liegen drei Lebewesen, die im gleichen Rhythmus atmen.
Auf- und Abbewegungen in kleinen und großen Schattenbergen auf einem weichen Teppich.
Der Geburtskanal ihrer Sehnerven schließt sich für eine Weile.
„I could drop off to sleep, but I want to keep in touch with myself.
Just me.
Nobody else.”
lovely and sad at the same time 🐈 ✨