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Zum 8.März

©PaulaRabe

Vor 20 Jahren erstatteten wir Strafanzeige gegen Täter*innen aus der organisierten Gruppierung, in der wir bis zum jungen Erwachsenenalter sexualisierte u.a. Gewalt erlebt haben. Zeitgleich beantragten wir auch Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz.

12 Jahre später hatten die Ermittlungen nichts ergeben, was für einen Gerichtsprozess gereicht hätte – das Verfahren wurde eingestellt und unsere Klage bzgl. des OEG wurde abgewiesen.

In dieser langen Verfahrenszeit waren wir unter anderem auch retraumatisierenden Begutachtungen und Befragungen ausgesetzt; mussten um Finanzierungshilfen für anwaltliche Begleitung u.a. kämpfen; waren wir zeitweise therapeutisch und medizinisch unterversorgt, usw.

Es gab keine ausreichenden Schutzeinrichtungen.

Eine öffentlich-rechtliche Namensänderung und ein Flucht-Umzug blieben nur wenige Wochen “geheim“- so lange, bis eine Amtsmitarbeiterin unsere neuen Daten einem Haupttäter am Telefon verriet.

Damals waren möglicherweise noch nicht so viel Wissen, Erfahrung und Bewusstsein bzgl. organisierter sexualisierter Gewalt bei Verantwortlichen vorhanden.

Heute liegen der Justiz, Politik, Psychotraumatologie, u.a. mehr Erkenntnisse vor, wodurch Opfern solcher Gewaltdelikte kompetenter geholfen werden könnte.

Trotzdem würde ich auch im Jahr 2023 Überlebenden organisierter oder ritueller/ritualisierter Gewalt immer noch nicht zu einer Strafanzeige oder einem OEG-Antrag raten.

Weil strukturelle Gewalt immer noch existiert.

Weil Täter*innen und ihre Lobby immer noch machtvoll agieren.

Weil die Erfolgsaussichten solcher Verfahren sehr gering und die “gesundheitsgefährdenden Risiken“ für die Betroffenen enorm hoch, bzw. sehr wahrscheinlich sind (und keine ausreichende therapeutische Versorgung währenddessen und danach gewährleistet ist!).

Es braucht einen strukturellen Wandel!

In diesem Sinne: Denkt daran, auch und besonders heute am “feministischen Kampftag“!

6 Kommentare

  1. Ich finde den Weg zu gehen, Täter*innen anzuzeigen und Entschädigungsleistungen nach dem OEG zu beantragen, sehr mutig! Und wünschte Ihr hättet damals mehr Unterstützung dabei gehabt!
    Und nicht diese (re)traumatisierenden Erfahrungen machen müssen.
    Schnell wird von unterschiedlichsten Stellen geraten anzuzeigen oder einen Antrag auf Entschädigung zu stellen, ohne darüber nach zu denken, was da alles dran hängt. Daher denke ich auch, man sollte dabei gut auf sich auf passen. Denn die Strukturen sind noch immer eher „täter*innenfreundlich“..

    1. Ja, dem stimme ich zu: Gut auf sich aufpassen ist so wichtig! Und auch für Helfende ist das wichtig: Darauf aufzupassen, wann man wem (warum!) zu welchem Schritt rät…

  2. Danke für deine Worte.
    Ich weiß, wie hart dieser Weg der Anzeige und des OEG Antrags ist. Es ist so unfassbar, wie mit Überlebenden umgegangen wird. Auch wenn es sich bei mir „zum Guten“ gefügt hat, einer der Täter inhaftiert wurde und ich OEG beziehe, weiß ich nicht, ob ich diese ganze Jahre nochmal durchstehen wollte/könnte. An jeden Menschen, der keine ausreichende Hilfe bekommt, sollte heute und an jedem anderen Tag gedacht werden.

    Jenny

  3. Es ist immer wieder erschreckend, wie „dicht“ die kriminelle organisierte Struktur hält, bis in polizeiliche Kreise und in Prozesse hinein.

    Und Ämter 😳

    Dein persönlicher Fall macht mich fassungslos und traurig!

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