DIS ist kein Selbstbedienungsladen.
Ist doch selbstverständlich, denkst Du? Naja.
Wie oft passiert es betroffenen Menschen in sozialen, privaten oder „beruflich unterstützenden“ Kontakten, dass ihnen Forderungen (deutlich ausgesprochen oder mehr oder weniger durch die Blume) entgegengebracht werden: Welche Innenperson wann wie bitteschön da zu sein hat oder bitteschön fernbleiben soll.
Was wird wann als (un-)angemessenes Verhalten bewertet; wobei handelt es sich (für wen) um Grenzüberschreitungen; wann muss was warum wie geschafft oder geleistet werden und wer ist beliebter als der/die andere und warum?
Klinikstationen, auf denen die Regel gilt, dass kindliche Innenpersonen nur innerhalb des Patientenzimmers da sein und sich keinesfalls auf dem Flur bewegen dürfen.
Arztpraxen, in denen gefordert wird, dass man sich sofort zusammenreißen möge, klar und deutlich sprechen solle, o.a.
Freund*innen- und Partner*innenschaften, in denen nur bestimmte Innenpersonen gemocht oder geduldet werden; in denen Konflikte mit Einzelnen nicht geklärt werden oder ausschließlich mit Einzelnen geklärt werden; in denen eine bestimmte Alltagsroutine erwartet wird, u.a.
Gespräche, in denen eine bestimmte Sprache und Ausdrucksweise vorausgesetzt und verlangt wird, ohne auf die jeweiligen kognitiven, persönlichen, altersbezogenen Möglichkeiten der jeweiligen Innenperson Rücksicht zu nehmen.
Und so weiter.
Und wie oft leben Menschen mit DIS damit, dass SIE SELBST meinen, ein Selbstbedienungsladen sein zu müssen, aus dem sie jederzeit alle erforderlichen Nützlichkeiten herauszaubern können?
Zugang nach innen zu bekommen; Kontrolle über Dinge zu erlangen, die einen bisher hinterrücks packten; sich innerlich abzustimmen; ein Team zu bilden; Aufgaben innen (neu, selbstbestimmt) zu verteilen – all das sind super wichtige Prozesse und Errungenschaften für Menschen mit DIS und nicht das, was ich mit dem Selbstbedienungsladen meine.
Mir geht’s um eine Erwartungshaltung an eine unbedingte Funktionalität und Anpassung. Um „everybody’s darling“. Um „Prince Charming“. Um „braves Kind“. Um „unkomplizierte*r Patient*in / Freund*in / Partner*in / Mitarbeiter*in…“.
Was verlangst Du von Dir? Warum?