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Für die Seele sorgen

„Seelsorge“ ist eigentlich eine schöne Bezeichnung- wenn da nicht dieser kirchliche, religiöse Bezug wäre. Der Seele Gutes tun, sie wärmen, liebevoll begleiten, schützen, trösten, sie also herzlich umsorgen- wie geht das eigentlich? Wie kann man das nachträglich lernen, wenn man in Kindheit und Jugend emotional vernachlässigt wurde? Und wie soll das gehen, wenn im Außen niemand beim Lernen unterstützt?

Ich glaube, dass manche innere Prozesse durch Psychotherapie zwar in Gang gebracht, gestärkt und unterstützt werden können, aber noch mehr und anderes gebraucht wird. Psychotherapie und andere professionelle Hilfen im Umgang mit Traumafolgen sind ein (!) Bereich, der im/für das Leben wichtig sein kann. „Seel(en)-Sorge“ beinhaltet meiner Meinung nach auch noch Freundschaft und andere private Beziehungen, liebevolle Zuwendung, das Erleben von Gehaltensein, körperliche Nähe, u.a.

Professionelle Hilfen können diese Form der Unterstützung nicht ersetzen: Sie sind inhaltlich und zeitlich begrenzt und für viele Betroffene auch teilweise oder komplett unzugänglich. Ohne Therapie klarkommen zu müssen, kennen viele Gewaltüberlebende.

Für die Seele sorgen, das Herz erwärmen- das kann man auch mit kleinen Gesten erleben und weitergeben: Zuhören, nachfragen, dran bleiben, körperliche Nähe und Zuwendung geben (falls okay für beide/alle), sich melden, miteinander kochen, backen, einen Ausflug machen, malen, weinen, lachen…

Trauma ausradieren kann man damit nicht. Aber kurz- oder auch längerfristig ein Gegengewicht setzen- das geht damit schon.

„Seelsorge“ sollte ein von Kirche/Religion entkoppelter Begriff werden, der sowohl privat als auch fachlich mehr Bedeutung und Anerkennung bekommen sollte.

4 Kommentare

  1. Liebe Paula,

    ja irgendwie scheint der Begriff untrennbar mit religiösen Kontexten verbunden, aber ich bin da ganz bei dir, im Grunde steckt in dem Begriff ja nur die Sorge für die Seele eines Menschen . 🙂
    Du hast geschrieben, dass professionelle Hilfen inhaltlich und zeitlich begrenzt sind, das zeichnet sie aus. Bei privaten zwischenmenschlichen Beziehungen mag die Hoffnung mitschwingen, sie möge zumindest zeitlich nicht begrenzt sein…..
    Ich glaube aber, dass das recht selten der Fall ist.
    Die einzige Beziehung, auf deren Stabilität wir weitgehend Einfluss haben, ist die zu uns selbst.

    1. Liebe Sanne, das stimmt: Auch private Beziehungen haben ihre zeitlichen und inhaltlichen Grenzen. Ich meinte es im Text so, dass bei professionellen Kontakten genau diese Grenzen vordefiniert sind und alles, was darüber hinaus geht oder gehen könnte, „unerwünscht“ ist. Verstehst Du?
      Die einzige Beziehung, die „für immer“ ist und die wir im Vergleich zu Beziehungen zu anderen Menschen „wirklich“ beeinflussen oder steuern können, ist die zu uns selbst – auch damit hast Du Recht.
      Liebe Grüße von uns

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