Kontaktpunkte

Gute Vorbilder sind wichtig.

©PaulaRabe

Woher soll man wissen, wie das geht mit dem “fürsorglich und liebevoll sein“ – und woher soll man wissen und fühlen, dass man selbst so einen Umgang “haben“ darf und will – wenn einem das nie gezeigt wurde?

Vielleicht spürt man intuitiv Mitgefühl und Liebe für andere Lebewesen und handelt entsprechend schützend, versorgend, helfend, herzlich. Gut, wenn das geht.

Aber auf sich selbst bezogen ist das oft so eine Sache: Es nicht verdient haben, es nicht wert sein, nicht liebenswert sein, blockiert sein von inneren Verboten, usw…

Wenn man weiß, woher es kommt, wo die Ursprünge liegen, ist schon ganz viel erreicht.

Aber auch wenn die Theorie verstanden wurde, kann es in der Praxis noch ordentlich haken.

Selbstfürsorge und Eigenverantwortung- zwei Schlagworte in der (Trauma-)Therapie.

Werden Fähigkeiten in diesen Bereichen vorausgesetzt, um überhaupt therapeutisch vertieft (evtl. traumakonfrontativ) arbeiten zu können, wird manchmal “vergessen“, dass sie nicht angeboren sind.

Oft passiert ein Begreifen und Verändern erst dann, wenn man zurückschaut: Wie waren meine Erfahrungen mit Fürsorge/Vernachlässigung bisher in meinem Leben?

Wenn Therapeut*innen diese Rückschau nicht angehen wollen, bevor nicht ein gutes Maß an Eigenverantwortung geleistet werden kann, kann eine Therapie stundenlang vor sich hin dümpeln, bzw. völlig stagnieren.

Lernen funktioniert dabei unserer Erfahrung nach besonders über Spiegelung.

Es muss Menschen geben, die zeigen, was es bedeuten kann zu trösten, zu halten, sich zu kümmern.

Es muss Beziehungen geben, in denen man sich gesehen, ernst genommen, geborgen, geliebt fühlen kann – so entsteht ein Verinnerlichen und Verankern und Wachsen.

Eine therapeutische Beziehung kann und darf solche Spiegelungen beinhalten, finden wir.

Learning by doing ist da nämlich hoch effizient.

Schutz und gute Gründe

©PaulaRabe

Innere Beschützer*innen haben verschiedene Gesichter, Hintergründe, Vorgehensweisen, Fähigkeiten.

Manche kümmern sich liebevoll um Kinder oder andere Personen mit Unterstützungsbedarf.

Manche sind freundlich, diplomatisch, geduldig, zugewandt, solidarisch, nachgiebig, kreativ, lustig, warm, herzlich.

Und manche sind wütend, streng, hart, konzentriert, ungerecht, schweigsam, impulsiv, strategisch. Oder anders.

Der Schutz des Gesamtsystems (oder auch bestimmter Außenpersonen oder Gegebenheiten) braucht verschiedene Hände, Köpfe und Herzen, die gemeinsam dafür arbeiten.

Innenpersonen, die sich selbst als Beschützer*innen definieren (oder von anderen so identifiziert werden), sind in dem, wie und warum sie etwas/jemanden schützen, nicht immer leicht verstehbar.

Manches wirkt als Druck, Zwang, Machtgehabe, ja sogar Terror, bzw. Gewalt. Es wird blockiert, erpresst, festgehalten, versteckt, bestraft, u.a.

Um in all dem “gute Gründe“ entdecken zu können, braucht es Geduld, Durchhaltevermögen und Neugier von allen im System (und Unterstützungspersonen im Außen).

Die Suche nach dem “guten Grund“ für bestimmte Verhaltensweisen (mit dem Fokus auf ein grundsätzliches Schutzvorhaben für Leib und Leben) kann einem den letzten Nerv, die letzte Kraft rauben; vor allem dann, wenn sich z.B. gewaltvolle Aktionen gegen das System (oder Einzelne) richten und das eigentlich keine Sekunde länger anhalten dürfte…

Wir wünschen allen, die sich mit der Thematik beschäftigen, dass die Verbindung zum Lebenwollen gehalten werden kann.

Es gibt so viel Weisheit, Schlauheit, Lebenskraft im Innen, für die es sich lohnt, immer weiter zu suchen.

Bleibt neugierig!

Ausstieg und Verluste

Äußere und innere Distanz zu organisierten Täter*innenkreisen herzustellen lohnt sich immer.

Während eines “Ausstiegs“ zu übersehen oder zu negieren, welche Verluste damit auch verbunden sind, kann jedoch den ganzen Prozess gefährden oder ganz zerstören.

In aller Konsequenz bedeutet dieser Weg, dass Du z.B. Beziehungen zurücklässt. Nicht nur “vor allem gewaltvolle“, die Dich schwer verletzt haben, sondern auch jene “dazwischen“: Geschwister, eigene Kinder, Schulkamerad*innen, Menschen außerhalb der Gruppierung… Klassentreffen sind (wahrscheinlich) tabu, (alte) Kontakte über social media potentiell gefährlich. Der Schmerz über “Zurückgelassene“ kann schrecklich sein.

Vielleicht musst oder willst Du Deinen Namen ändern, Deine neue Adresse geheimhalten, Dich äußerlich verändern und permanent aufpassen, wem Du wie viel über Deine Biographie erzählst.

Sicherheit ist relativ.

Dein Lebenslauf kann große Brüche vorweisen oder auch aalglatt aussehen- ziemlich sicher sind Berufstätigkeit, Arbeitsfähigkeit, Kolleg*innenkontakte, Funktionalität schwierige Dauerthemen.

Ein “Ausstieg“ macht einsam und ist unheimlich anstrengend.

Leben fühlt sich eventuell plötzlich extrem leer und “langweilig“ an. Alte (vermeintliche) Sicherheiten sind abgerissen; Du realisierst, wie sehr man Dich belogen und ausgenutzt hat; die eigene Existenz kommt einem fremd und sinnlos vor und andere (ähnlich alte) Menschen befassen sich mit völlig anderen Lebensinhalten.

Alleine. Alleingelassen. Unverbunden. Orientierungslos.

Aufgewachsen mit einer Basis, die heute nicht mehr trägt, sondern jeden (neuen) Schritt erschwert, statt erleichtert.

Das, was nie war, nie sein durfte und konnte; und das, was jetzt nicht (mehr) geht, worauf Du verzichten musst, weil eben alles so war, wie es war- all das muss und darf gesehen und ausgesprochen werden!

Auch und gerade wenn Du Dich für ein Leben außerhalb der Gruppierung entschieden hast.

Wenn „Anteile“ nicht (mehr) in Schubladen passen…

Ein für mich wesentlicher Unterschied zwischen „Anteilen“ (Innenpersonen) bei einer DIS und „Anteilen“ von anders strukturierten Menschen („Unos“ und zum Teil auch bei DSNNS/Ego State Disorder), ist die Mehrdimensionalität.

Diesen Unterschied habe ich im Kontakt mit anderen Menschen festgestellt und selbstverständlich nicht wissenschaftlich untersucht.

Mir ist aufgefallen, dass es leichter oder schwerer sein kann, innere Anteile zu identifizieren, zu benennen und zu „kategorisieren“.

Manchmal scheint es Menschen darum zu gehen, ihre Anteile an Emotionen oder Verhaltensweisen festzumachen: Der/die Wütende, Traurige, Ruhige; Scherzkeks, Partylöwe, Zerstörer*in…

Oder es läuft darauf hinaus, Aufgaben/Verantwortlichkeiten herauszustellen: Der/Die Berufstätige, Versorger*in, Diplomat*in, Beschützer*in…

Manchmal unterscheiden Menschen ihre Anteile nur anhand des Alters (Kind, Jugendliche*r, Erwachsene) oder des Geschlechts.

Ich empfinde es im Kontakt mit anderen Menschen auch als interessant und verbindend, über „innere Anteile“ zu sprechen, die jede*r hat, auch ohne dissoziative Störung. Gerade dann, wenn ich über unsere DIS (noch) nicht in voller Klarheit reden mag, sondern erst in einer vertiefenden Annäherung mit dem Gegenüber bin, kann es hilfreich sein, auf diese Weise einen gemeinsamen Nenner zu finden: Es gibt Aspekte des Selbst, die relativ eigenständig agieren können; die Einfluss nehmen auf die Wahrnehmung und Emotionalität; die man benennen kann als „das innere Kind“, oder „der/die innere Kritiker*in“, oder wie auch immer.

Es kann Selbstanteile geben, die man „irgendwie nur schwer erreicht“, die sich fremd anfühlen oder (beinahe) unkontrollierbar; die immer wieder auf die gleichen Reize anspringen, für die man sich schämt, die man gerne loswerden würde, u.a.

All das könnte ein gemeinsamer Nenner (der noch nicht mal pathologisch definiert wird!) im Kontakt mit einem Gegenüber sein und eine Art „Gesprächsbasis“ darstellen- und schließlich einen Punkt berühren, an dem der Unterschied ganz deutlich wird: Die „Anteile“ sind bei einer Dissoziativen Identitätsstruktur mehrdimensionaler!

Ich glaube, gerade deshalb fühlen sich die Schubladen, in die manche Außenmenschen „DIS-Anteile“ einsortieren wollen, unpassend/falsch und oftmals auch verletzend/diskriminierend an. Von uns selbst und von anderen Leuten mit DIS weiß ich, dass es selten passt, eindimensionale Kategorieren wie oben genannt zu wählen. Der/Die „Wütende“ ist meist nicht „nur so“, es gibt noch viel mehr Aspekte, die sie/ihn beschreiben können; ebenso kann es bei den Aufgaben und Verantwortlichkeiten sein. Ein*e Beobachter*in kann möglicherweise unter anderem diese wichtige Sache tun, zu einem anderen Zeitpunkt, oder bei einer anderen inneren „Gegebenheit“, kann er/sie aber eine andere/neue Position haben. DIS-Systeme sind dynamisch, nicht starr- auch dann nicht, wenn sie über mind control von Täter*innen „gebaut“ wurden. So habe ich das bisher zumindest wahrgenommen.

Und genau diese Dynamik, die ständigen Bewegungen- genau dies trägt dazu bei, dass bei einer DIS im Laufe der Zeit personelle Veränderungen stattfinden können. Ich behaupte: Da ist nichts einzementiert, so gern Täter*innen das auch hätten.

Ich finde es wichtig, dass in der therapeutischen Arbeit bei DIS immer wieder darauf geachtet wird, wie Innenpersonen aktuell „sind“. Das gehört für mich auch zum „Erstellen einer inneren Landkarte“: Wen gibt es (wo) innen, wer hat mit wem (welche) Verbindung, u.a.- und ganz besonders: Gab/gibt es personelle Veränderungen? Ist Person XY immer noch so „gestrickt“ wie vor ein, zwei Monaten/Jahren? Wie erlebt er/sie sich selbst und wie nehmen andere ihn/sie wahr? Darf Veränderung geschehen?

Innenpersonen, die seit gefühlt 20 Jahren in der „Zerstörer*in“, oder „Trauer“, oder „Alltagsmanager*in“-Schublade stecken, können inzwischen schon längst darüber hinausgewachsen sein und/oder etwas ganz anderes brauchen/wollen, als bisher (wenn man sie denn lässt!).

Davon abgesehen behaupte ich sowieso: Jede Innenperson ist mehr als ihre primären Identitätsmerkmale!

Einen gemeinsamen Nenner zu finden; Ähnlichkeiten herauszustellen; eine Sortierung zu schaffen: Ja, das tut gut, wenn man sich mit Menschen verbindet.

Dennoch gibt es eine Grenze!

Denn: Nein, wir sind nicht alle ein bisschen Viele!

Ja, es ist wichtig, an dieser Grenze zu unterscheiden.

(Und an alle beruflich Unterstützenden: Ja, es ist ebenso wichtig, korrekt und verantwortungsbewusst zu diagnostizieren!)

Eine Dissoziative Identitätsstruktur in aller Konsequenz als Realität durch Gewalttraumatisierungen anzuerkennen, bedeutet eben auch, sie weder zu verallgemeinern, noch zu exotisieren.

Einladung zum Sommerpicknick für Menschen mit (p)DIS und Angehörige

Einfach zusammen sein, klönen, lachen, schweigen, Blümchen anschauen, einander begegnen, Schmetterlinge zählen, Kekse oder was auch immer essen- eine schöne Zeit miteinander haben.

Das ging uns so durch den Kopf, als wir gemeinsam mit Hannah C. Rosenblatt ein Treffen für Viele und Angehörige planten.

Wir laden Euch herzlich ein zum:

"Sehr heller, leicht violetter Hintergrund auf dem im unteren Drittel 5 leicht geöffnete Tulpen mit ihren grünen Stengeln und Blättern liegen. Sie sind von links nach rechts pink mit einem dünnen hellen Rand, lila, weiß, lila und hellrot mit einem dünnen lila Rand. Darauf in grüner, serifenloser Schrift: "Sommerpicknick, für Menschen mit (p)DIS und Angehörige, Hamburg, Botanischer Garten, am 11. 6. 2022 um 13 Uhr, Anmeldung und weitere Infos per E-Mail an sommerpicknick@gmx.de, Wir freuen uns auf euch! Hannah C. Rosenblatt und Paula Rabe"

Infos, Regeln und Beschreibungen zum Botanischen Garten findet Ihr hier: Botanischer Garten Hamburg

Wir sammeln Anmeldungen und beantworten Fragen unter der im Flyer genannten Emailadresse.

Bis bald! ☺

Zum 1.Mai

©PaulaRabe

Dieser herzliche Maigruß geht raus an alle Freund*innen, Partner*innen, Herzleute, Liebgehabte, Verbündete, Angehörige und Unterstützer*innen, die an der Seite von gewalttraumatisierten Menschen sind und bleiben.

Danke, dass Ihr da seid!

Raus aus der Dauerschleife!

©PaulaRabe

Schuldgefühle kennen wohl die meisten Gewaltbetroffenen.
Selbst zu den Taten beigetragen oder etwas verursacht zu haben, mitverantwortlich zu sein, weil man dies und jenes getan oder unterlassen hat- das sind Gedanken, die Betroffene auch Jahrzehnte nach den Gewalterlebnissen noch quälen können.

Schuldgefühle machen psychisch und physisch krank, wenn sie ignoriert oder weggeredet (“Du weißt doch, dass du keine Schuld hattest!“) werden.
Hinsehen, zulassen, ernst nehmen, anerkennen- erst dadurch kann ein Prozess des Loslassens und Mit-sich-selbst-Versöhnens möglich werden.

Besonders perfide und hartnäckig hält sich “die Schuldfrage“ bei Überlebenden ritueller/organisierter Gewalt, die selbst Gewalt gegen Andere ausgeübt haben.
Über Jahrzehnte dieser Prägung ausgesetzt zu sein, seit früher Kindheit, führt ganz automatisch dazu, Täter*innen-Introjekte zu entwickeln. Wenn die Gruppierung zusätzlich einen Menschen gezielt (!) spaltet, entstehen innere Anteile/Fragmente/Innenpersonen, die in ihrem Handeln, Denken, Fühlen, Wollen besonders “gruppendienlich“ strukturiert sind.

Dazu gehören auch Aspekte wie “Gewalt gut/normal/berechtigt finden“, “Schwäche verurteilen und sanktionieren“ und “lebenslange Zugehörigkeit/Verbindung zur Gruppe; Eine*r von ihnen sein“.

“Schuld“ ist ein Thema, das Täter*innen bewusst und konsequent nutzen, um Realitäten zu verdrehen, Opfer an sich zu binden, Schweigen zu gewährleisten und auch ohne direkten Kontakt Einfluss auf das Leben (die Lebensqualität!) der Betroffenen nehmen zu können.

Wer sich schuldig fühlt, sucht evtl. Erleichterung (und kehrt immer wieder zurück zum “Ursprung“), spricht nicht über die Geschehnisse (Scham), hält permanente Bestrafung für angemessen (und wehrt sich nicht), bleibt in Altem stecken. Eine gute Absicherung für Täter*innenkreise, “alle Schäfchen im Stall zu halten“!

Vermeintliche oder reale Schuld (jedenfalls “täterinduziert“) sich selbst in Dauerschleife immer wieder vorzuhalten, ohne die ganze Wahrheit anzuschauen (Hätte ich in einem anderen Kontext genauso gehandelt? Hatte ich eine Wahl? Was wäre passiert, wenn ich Nein gesagt hätte? Was hat dazu beigetragen, dass ich mich so und so entwickelt habe?)-
das ist Selbstzerstörung.

Aus dieser “never ending story“ können keine Heilung, kein innerer Frieden und kein Wachstum hervorgehen, sondern sich nur Lähmung und Angst weiter verankern.

Es geht hier und jetzt darum, sich zu entscheiden: Was mache ich mit meiner Schuld? Halte ich sie als Verbindungsglied zur Gruppierung weiter aktiv und füttere sie täglich, oder gestatte ich mir, sie gehen zu lassen und mich vom Täter*in-Sein in aller Konsequenz zu lösen?

In den Schuldgefühlen verankert zu bleiben und das Leid darin immer wieder neu aufzuwärmen, darin Stück für Stück weiter zu zerbrechen und letzten Endes auf Dauer zu verrecken, macht die Schuld nicht weg. Man erlöst weder sich noch Andere dadurch, man arbeitet die Schuld nicht ab und tut auch keine Buße durch Selbstgeißelung.

Wenn es aus der Schuld raus in die Eigenverantwortung gehen soll, braucht es freie Beweglichkeit, keinen Kreis-Lauf.

DIS und Entwicklungen

©PaulaRabe

Keine Klinik, kein*e ambulante*r Psychotherapeut*in, kein*e Freund*in – absolut niemand hat das Recht, Ziele vorzuschreiben oder spezielle Entwicklungen als Erfolge zu definieren.

Ob sich ein Weg heilsam, heilend, verarbeitend, integrativ anfühlt und darstellt, bestimmt und weiß der/die Betroffene.

Einzelne Aspekte und Fragen darin mögen für Außenstehende nicht nachvollziehbar, begreifbar oder positiv bewertbar sein- und eventuell auch schwer aushaltbar zu beobachten sein-, trotzdem gehört alles zur Selbstbestimmung der/des Betroffenen. Die Grenzen liegen dort, wo jemand daran gehindert wird, sein/ihr Selbstbestimmungsrecht wahrzunehmen.

Kliniken, die “Integration als Ziel“ zur Aufnahmevoraussetzung für Menschen mit DIS erklären; Psychotherapeut*innen, die rein verhaltenstherapeutisch nur an Stabilisierung herumdoktorn und anhand des Alltagsfunktionalitätsgrades eine “Heilung“ definieren; Menschen, die Schwäche, Krankheit, Erschöpfung, Verletzung ignorieren, abwerten oder gar sanktionieren, einfach weil sie es aufgrund ihrer sozialen Rolle können/dürfen- sie alle greifen in die persönlichen Freiheitsrechte der Betroffenen ein.

“Gute Absichten“ machen diese Übergriffe nicht besser.

Keine Zumutung!

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Es ist keine Zumutung, Viele zu sein!

In Beziehung zu leben, nach innen und nach außen, bringt immer wieder Herausforderungen mit sich: Vertrauen, Offenheit, Intimität, Kontinuität, Kommunikation, Streitkultur, Toleranz, Grenzen- all das sind keine peanuts!

Es braucht Mut und Entscheidungen und vor allem Liebe, um sich darauf einzulassen.

Bei Menschen mit Dissoziativer Identitätsstruktur können sich spezielle Themen im Kontext von Partner*innenschaft und Freund*innenschaft auftun, die sich innen und außen auswirken und somit auch das/die Gegenüber betreffen:

Wer aus dem Innensystem gestaltet die Beziehung wie und warum? Wer fühlt wie? Gibt es Eifersucht? Was, wenn manche eine romantische Beziehung mit dem Gegenüber möchten/führen, andere aber Freundschaft leben wollen- lässt sich das vereinbaren? Wer denkt/fühlt/handelt wie zu Monogamie, Polyamorie, u.a.? Wie wirken sich unterschiedliche sexuelle Orientierungen aus? …usw….

Die Auseinandersetzungen zu Fragen wie diesen können einer Beziehung eine besondere Tiefe und Nähe verleihen. Auch ein gemeinsames Durchstehen von Traumafolgesymptomen, Krisen, äußeren und inneren Bedrohlichkeiten können “zusammenschweißen“.

Es ist nicht (nur) schwer, belastend, besorgniserregend oder gar schockierend, mit einem Viele-Menschen verbunden zu sein.

Es ist auch keine “wahnsinnige Leistung“, Angehörige*r zu sein!

Von unserer Partnerin wissen wir, dass es sie sehr nervt und auch traurig macht, wenn andere Menschen ihr ihre “Anerkennung“ aussprechen wollen, dafür, dass sie unsere Partnerin ist. Als wären wir aufgrund des Vieleseins und des Gewalthintergrundes eine besondere Zumutung- und sie als Partnerin nichts weiter als die (vermeintlich gesunde) Heldin an unserer (angeblich gestörten) Seite.

Sie ist doch viel mehr als nur “die Angehörige“- und wir sind viel mehr als nur “die Vielen“.